Kriterien eines Wundverbandes (nach T. D. Turner)

Kriterien eines idealen Wundverbandes (nach T. D. Turner)
Die Kriterien sind Jahrzehnte alt. Sie helfen uns dennoch auch heute noch als Argumentationshilfen

zur Nutzung moderner Wundauflagen oder als Massstab für Neuentwicklungen.
Der ideale Wundverband sollte:

1. überschuessiges Wundexsudat aufnehmen

Trockene Kompressen nehmen Wundexsudat einfach passiv auf,

binden dieses aber nicht effektiv. Im Gegensatz dazu sind moderne Verbände aktiv; sie tun etwas mit der Wunde.
So wird z.B. mit der VAC-Therapie aktiv Wundexsudat durch den Sog gefördert.

Nutzt man später Alginate wirken diese durch Ionenaustausch.

Schaumverbände nehmen Wundexsudat durch ihre Kapillarstruktur auf und Hydrokolloidverbaende ziehen Wundexsudat durch Zellulose an.

Jeder Verband wirkt anders, aber alle halten die Wunde feucht!!

2. Ein feuchtes Klima im Wundbereich halten

Der Übergang von der trockenen zur feuchten Wundbehandlung war ein langer Prozess. Eine feuchte Wundbehandlung unterstützt die Heilungsprozesse und verhindert das Verkleben des Gewebes mit dem Verbandstoff.  
Mit z.B. einem hydrokolloiden Verband ahmt man das Wundmilieu einer geschlossen Wundblase nach – man imitiert die Natur. Dabei muss eine bestehende Grunderkrankung (z.B. periphere Verschlusskrankheit) behandelt und die Wunde frei von Infekten sein.

3. Gasaustausch gewährleisten

Jeder konventionelle Verband gewährleistet dies. Bei einer modernen Wundauflage sorgt in der Regel ein Polyurethanfilm fuer einen Gasaustausch. Das rechte Bild zeigt einen Schnitt durch einen hydrokolloiden Verband.

4. Die Wunde thermisch von der Umwelt isolieren

Unter 28 C Wundtemperatur findet keine Zellteilung statt (Quelle).  Moderne Wundauflagen verhindern durch Ihre Eigenschaften und die lange Tragedauer eine Auskuehlung der Wunde und wirken sich so positiv auf die Wundheilung aus.
Umgekehrt macht man sich den Effekt der Auskühlung beim Kühlen von infizierten Wunden zunutze. Bakterien werden dadurch abgetötet und die Infektionszeichen (Rötung, Schwellung, Schmerzen) lassen nach.
Nach dem Abklingen der Infektion ist das Umstellen von mehrmals am Tag gefeuchteten Kompressen auf eine moderne Wundauflage ideal. Das Granulationsgewebe wir über Tage feucht und warm gehalten und wird schneller heilen.

5. Undurchlässig für Mikroorganismen sein

Der Schutz einer Wunde vor Keimen wird immer wichtiger. Im ambulanten und im stationären Bereich stellen antibiotikaresistente Keime eine große Gefahr dar. Bei durchweichten Verbänden kann es zu Kreuzinfektionen kommen.
Moderne Wundauflagen sind keim- und bakterienabweisend. Duschen ist mit vielen modernen Verbänden jederzeit möglich.

6. Keine Fasern oder Fremdstoffe abgeben

Es ärgert jeden, wenn Verbandstoffreste im Wundbereich verbleiben und mühsam entfernt
werden müssen.

7. Sich atraumatisch entfernen lassen

Frustrierend ist es, wenn frisch gebildetes Granulationsgewebe mit dem Wundverband verklebt. Es schmerzt den Patienten und wirft seine Wundheilung zurück.
Moderne feuchte Wundauflagen schützen alle Phasen der Wundheilung.
Das Gel (z.B. eines Hydrokolloidverbandes) liegt als Schutzfilm zwischen dem Wundverband und dem frischen Granulationsgewebe. Schaumauflagen leisten dies durch das gespeicherte Wundexsudat. Silikonisierte Wundauflagen unterstützen das zusätzlich durch die aufgebrachte Silikonschicht.

Quellen: Kerstin Protz, Moderne Wundauflagen 9.Auflage Urban und Fischer Verlag, Bildrechte: Alle nichtgezeichneten Bilder R.Zimmer